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Die 40 €-Verzugspauschale -
Eine Schadenspauschale gegen mangelnde Zahlungsmoral

Um Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr zu bekämpfen, wurde 2011 eine europäische Richtlinie erlassen (EU-RL 2011/7/EU vom 16. Februar 2011). Diese Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber in den Absätzen fünf und sechs von § 288 BGB in das nationale Recht umgesetzt. Gem. § 288 Abs. 5 S. 1 BGB hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, einen Anspruch auf Zahlung einer Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro.

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▌Die Verzugspauschale als Schadenspauschale – Was ist das überhaupt für ein Anspruch?

Die Regelung des § 288 Abs. 5 S. 1 BGB ermöglicht dem Gläubiger zusätzlich zu Verzugszinsen eine Verzugspauschale in Höhe von 40 € geltend zu machen, wenn sein Schuldner mit einer Entgeltforderung im Verzug ist. Die Verzugspauschale lässt sich charakteristisch wohl am besten als ein „Strafschadensersatz“1 einordnen. Zweck der Verzugspauschale ist der Ausgleich für Beitreibungskosten, d.h. für Rechtsverfolgungskosten, die z.B. schon durch internen Verwaltungsaufwand wegen der misslichen Zahlungsangelegenheit entstehen. Ein tatsächlicher Schaden, d.h. dass solche Beitreibungskosten tatsächlich angefallen sind, muss nicht nachgewiesen werden.

▌Welche Voraussetzungen müssen für den Anspruch auf die Verzugspauschale vorliegen?

Unternehmereigenschaft des Schuldners als zwingende Voraussetzung

Der säumige Schuldner muss Unternehmer sein. Die Verzugspauschale kann nicht gegenüber Verbrauchern, d.h. Privatpersonen geltend gemacht werden. Der Gläubiger kann hingegen ebenso Verbraucher wie auch Unternehmer sein.

Vorliegen einer Entgeltforderung – die Höhe ist irrelevant

Es muss sich bei der ausstehenden Forderung um einen Geldanspruch handeln. Dieser muss zudem als Entgeltforderung einzuordnen sein. Eine Entgeltforderung ist die Gegenleistung in Geld für eine erbrachte oder zu erbringende Leistung, die in der Lieferung von Waren oder der Erbringung einer Dienstleistung besteht. Auf Rückerstattungen oder Rückzahlungsansprüche findet die Pauschale deswegen z.B. keine Anwendung.
Die Forderung muss keine bestimmte Mindesthöhe haben. Es muss auch nicht die komplette Forderung nicht bezahlt worden sein, sondern es genügt, wenn eine Zahlung unvollständig erfüllt wurde.

Der Schuldner muss sich in Verzug befinden: Was bedeutet das?

Der Schuldner muss sich im sog. Schuldnerverzug befinden. Wenn ein Schuldner eine fällige Leistung nicht leistet, gerät er unter bestimmten Voraussetzungen in Verzug. Ob eine Leistung fällig ist, ergibt sich aus Absprachen zwischen Gläubiger und Schuldner, wie z.B. aus vertraglichen Vereinbarungen oder AGB.

– Verzugseintritt durch Mahnung, Klageerhebung oder Zustellung eines Mahnbescheids

Gem. § 286 I BGB gerät der Schuldner durch eine Mahnung, Klageerhebung oder Zustellung eines Mahnbescheids in Verzug. Eine Mahnung ist eine einseitige und empfangsbedürftige Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner, die geschuldete Leistung zu erbringen. Die Mahnung muss eindeutig und bestimmt zur Leistung auffordern.

– Verzugseintritt ohne Mahnung

Gem. § 286 II BGB bedarf es in bestimmten Fällen keiner Mahnung. Eine Mahnung ist entbehrlich, wenn

  • für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist
    z.B. ein bestimmtes Datum oder eine „errechenbare“ feste Zeit wie 23. Kalenderwoche, 2 Wochen vor Weihnachten,..
  • der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt
    z.B. 10 Tage nach Anforderung, 2 Jahre nach Fertigstellung,…
  • der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert
  • aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist

– 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung

Gem. § 286 III BGB kommt der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet.2 Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

– Schuldner muss Verzug verschuldet haben

Gem. § 286 Abs. 4 BGB kommt ein Schuldner allerdings nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat. Hier muss aber nicht der Gläubiger dem Schuldner nachweisen können, dass dieser verschuldet zu spät zahlt. Der Schuldner muss nachweisen, dass das Unterbleiben der Leistung unverschuldet ist.

▌BAG lehnt Anwendung der Verzugspauschale im Arbeitsrecht ab

Es war bei den unterinstanzlichen Gerichten bereits seit längerem umstritten, ob die Verzugspauschale im Arbeitsrecht Anwendung findet, etwa wenn der Arbeitgeber den Lohn nicht oder nur unvollständig zahlt. Das BAG hat mit Urteil vom 25. September 2018 (Az. 8 AZR 26/18) die Anwendung verneint. Einzelheiten dazu finden Sie in unserem Beitrag → „Wenn der Arbeitgeber zu spät zahlt… – BAG erteilt der 40 € Verzugspauschale eine Absage“.

1 Ernst in MüKo BGB, 7. Aufl. 2016, § 288 Rn. 29.

2 Wenn der Schuldner ein Verbraucher ist, d.h. kein Unternehmer, gilt dies allerdings nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden. Für die Verzugspauschale ist diese Konstellation nicht relevant, da sie gegenüber Verbrauchern nicht geltend gemacht werden darf.


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