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Stillen am Arbeitsplatz -
Was gilt für Stillpausen?

Wenn es nach der Babypause wieder in den Beruf zurückgeht, tun sich für Frauen manchmal ganz neue Fragestellungen auf. Mutterschutz und Elternzeit sind vorbei, aber das Baby soll weiter gestillt werden. Das Arbeitsrecht sieht z.B. einen besonderen Schutz für stillende Mütter vor, wonach Arbeitgeber erforderliche Vorkehrungen und Maßnahmen zum Schutze von Leben und Gesundheit der stillenden Mutter treffen müssen. Aber das Gesetz trifft auch Regelungen zu Stillpausen, an die der Arbeitgeber sich halten muss. In diesem Beitrag geht es um den Anspruch auf Stillpausen.

Stillende Frau

▌Anspruch auf Stillpausen am Arbeitsplatz

Stillende Arbeitnehmerinnen haben einen Anspruch auf Stillpausen am Arbeitsplatz. Gem. § 7 Abs. 2 MuSchG (Mutterschutzgesetz) hat der Arbeitgeber „eine stillende Frau auf ihr Verlangen während der ersten zwölf Monate nach der Entbindung für die zum Stillen erforderliche Zeit freizustellen (…)“.

Freistellung auf Verlangen

Arbeitgeber müssen Stillpausen nicht von sich aus anbieten, sondern nur auf Verlangen der stillenden Mutter zu gewähren.

Kein eigenmächtiges Fernbleiben von der Arbeit

Der Arbeitgeber muss zwar auf Verlangen der stillenden Mutter Stillpausen gewähren. Die stillende Mutter hat sich jedoch mit dem Arbeitgeber abzustimmen. Sie darf nicht einfach eigenmächtig der Arbeit fernbleiben. Wenn Uneinigkeiten oder gar Streit zwischen Arbeitgeber und stillender Arbeitnehmerin z.B. über Zahl, Lage oder Dauer der Stillpausen herrscht, kann man sich diesbezüglich mit der Aufsichtsbehörde auseinandersetzen (vgl. § 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 MuSchG).

▌Wann eine stillende Frau den Anspruch hat

Der Anspruch besteht nur für das Stillen des eigenen Kindes. Wer als Amme ein fremdes Kind stillt, hat keinen Anspruch auf Freistellung zum Stillen. Das Kind muss nicht tatsächlich an der Brust trinken. Auch das Abpumpen von Milch und Füttern der Muttermilch unterfällt dem Begriff Stillen und berechtigt daher zu Stillpausen. Das Kind muss sich auch nicht zwingend allein von Muttermilch ernähren. Es darf neben der Muttermilch auch Flaschennahrung oder Beikost bekommen. Dies ändert nichts am Anspruch auf Stillpausen, solange die Ernährung mit Muttermilch noch Belang hat und ins Gewicht fällt.

Kein genereller Ausschluss bei Müttern in Teilzeit

Grundsätzlich haben auch in Teilzeit beschäftigte Mütter einen Anspruch auf Stillpausen. Allerdings kann es Ausnahmen geben, wenn die Mutter nur sehr wenige Stunden am Tag arbeitet. In der juristischen Literatur wird hier beispielsweise die Putzstelle mit einer Arbeitszeit von 2 Stunden täglich genannt.1

Die Regelung „während der ersten zwölf Monate nach der Entbindung“

Bevor das Mutterschutzgesetz zum 01.01.2018 geändert wurde, gab es keine gesetzliche Begrenzung auf ein Höchstalter des Kindes, wenn Stillpausen in Anspruch genommen werden wollten. Die Gerichte gingen davon aus, dass es keine starren Grenzen gebe. Eine Grenze würde es nur darstellen, wenn sich die Inanspruchnahme von Stillzeiten als rechtsmissbräuchlich darstellen würde, wenn für das Kind Muttermilch quasi überhaupt keine wirkliche Relevanz oder irgendein Gewicht mehr habe. Wann dieser Zeitpunkt anzunehmen sei, könne nicht pauschal gesagt werden.

In der neuen Gesetzesfassung heißt es nun „während der ersten zwölf Monate nach der Entbindung“. Nach diesen zwölf Monaten besteht kein Anspruch der stillenden Mutter mehr, dass ihr bezahlte Stillpausen von ihrem Arbeitgeber eingeräumt werden. Das Stillen muss sie von diesem Zeitpunkt an selbst außerhalb der Arbeitszeit organisieren.

Wichtig: Die Begrenzung der Stillzeit auf zwölf Monate betrifft nur die Freistellung für Stillpausen. Stillt eine Arbeitnehmerin länger als zwölf Monate, muss der Arbeitgeber selbstverständlich entsprechende Schutzmaßnahmen für die Gesundheit von Mutter und Kind weiterhin treffe!

▌Wie lange Stillpausen sein müssen und sein dürfen

Die „zum Stillen erforderliche Zeit“

§ 7 Abs. 2 MuSchG regelt, dass der stillenden Mutter die zum Stillen erforderliche Zeit zur Verfügung zu stellen ist. Wieviel Zeit das konkret ist, ist jeweils im Einzelfall zu bestimmen. Es kommt dabei vor allem darauf an, wie häufig das Kind noch gestillt wird und ob die Mutter zum Stillen nach hause fahren muss oder ob sie am Arbeitsplatz selbst stillt, bspw. in einem Stillraum im Betrieb.

Mindeststillzeiten

Das Gesetz räumt der Arbeitnehmerin Mindeststillzeiten ein: mindestens zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde. Wenn nur die gesetzlichen Mindeststillzeiten in Anspruch genommen werden, muss die Arbeitnehmerin auch keine Nachweise über die Dauer der Stillzeit erbringen. Die Mindeststillzeiten gelten unabhängig von der Dauer der täglichen Arbeitszeit.

Bei einer zusammenhängenden Arbeitszeit von mehr als acht Stunden soll auf Verlangen zweimal eine Stillzeit von mindestens 45 Minuten oder, wenn in der Nähe der Arbeitsstätte keine Stillgelegenheit vorhanden ist, einmal eine Stillzeit von mindestens 90 Minuten gewährt werden. Die Arbeitszeit gilt als zusammenhängend, soweit sie nicht durch eine Ruhepause von mindestens zwei Stunden unterbrochen wird. Diese erweiterte Stillzeit muss im Gegensatz zur Mindeststillzeit von der gesamten Dauer her für das Stillen und die Vorbereitung des Stillens erforderlich sein!

Wegezeiten, wenn das Kind nicht am Arbeitsplatz selbst gestillt wird

Hat die Arbeitnehmerin, die ihr Kind zuhause stillt, so weite Wege, dass sie einen großen Zeitaufwand benötigt, um dorthin zu kommen, kann diese Wegezeit unter Umständen nicht mehr als Stillzeit angerechnet werden. In diesen Fällen muss die Mutter dann ggf. organisieren, dass ihr das Kind in den Betrieb gebracht wird, damit sie dort stillen kann oder sie nutzt die Stillpausen zum Abpumpen von Milch, die am nächsten Tag von der Betreuungsperson gefüttert wird. Es ist auch möglich in einer solchen Konstellation vom Arbeitgeber einen späteren Arbeitsbeginn oder einen früheren Feierabend zu verlangen, um dann stillen zu können.

Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststillpausen

Die Notwendigkeit der Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststillpausen muss die Arbeitnehmerin durch eine ärztliche Bescheinigung bzw. ein Attest nachweisen. Es besteht zudem die Möglichkeit, sich bzgl. den Einzelheiten zur Freistellung zum Stillen (z.B. Zahl, Lage und Dauer der Stillzeiten) mit der Aufsichtsbehörde auseinanderzusetzen. Diese kann gem. § 29 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 MuSchG nämlich diesbezüglich auch nähere Bestimmungen treffen. Welche Aufsichtsbehörden im jeweiligen Bundesland zuständig sind, kann man hier auf der Seite des BMFSJ nachschauen.

▌Stillpausen dürfen nicht benachteiligen

Durch die Stillpausen dürfen die stillenden Arbeitnehmerinnen keine Nachteile im Hinblick auf ihre Pausen- und Arbeitszeiten oder ihren Verdienst erleiden.

Keine Anrechnung von Stillpausen auf Ruhepausen

Gem. § 23 Abs. 1 S. 3 MuSchG darf die Stillzeit nicht auf die im Arbeitszeitgesetz oder in anderen Vorschriften (wie z.B. dem Jugendarbeitsschutzgesetz) festgesetzten Ruhepausen angerechnet werden. Die Stillpausen hat die Arbeitnehmerin zusätzlich zu den gesetzlichen Ruhepausen.

Keine Auswirkungen von Stillpausen auf den Lohn

Durch die Gewährung von Stillpausen darf gem. § 23 Abs. 1 S. 1 MuSchG bei der stillenden Arbeitnehmerin kein Entgeltausfall eintreten. Stillpausen sind schlicht und einfach Arbeitszeit. Abzüge beim Gehalt sind nicht zulässig. Es besteht ein Anspruch auf einen ungekürzten Lohn einschließlich aller Zuschläge, außer wenn es sich bei diesen um einen reinen Ersatz von Aufwendungen handelt. Die stillende Arbeitnehmerin kann auch nicht im vorhinein einen Verzicht auf die volle Fortzahlung des Lohns mit ihrem Arbeitgeber vereinbaren. Einen nachträglichen Verzicht kann sie vereinbaren, muss sie aber nicht.

Kein Vor- oder Nacharbeiten der Stillpausen

Stillpausen sind Freistellungszeiten. Und diese Freistellungszeiten sind gem. § 23 Abs. 1 S. 2 MuSchG weder vorzuarbeiten noch nachzuarbeiten.

▌Ende des Anspruchs: Mit dem Abstillen

Der Anspruch auf Stillpausen endet – sofern die 12 Monate nach Entbindung noch nicht um sind – mit dem Abstillen. Es gibt keine sich anschließende Regenerationszeit oder ähnliches. Die Mutter muss das Ende des Stillens dem Arbeitgeber mitteilen. Wenn nach dem Abstillen zu Unrecht Stillpausen in Anspruch genommen werden, ensteht ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers gegen die Mutter. Schlimmstenfalls droht darüber hinaus eine Strafbarkeit wegen Betrugs (§ 263 StGB).

1 Ambs in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 213. EL März 2017 § 7 MuSchG Rn. 8.

 


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